Alle elf Jahre erreicht die Sonne einen Höhepunkt ihrer Aktivität. Derzeit befinden wir uns in der Phase des Sonnenfleckenmaximums. Sonnenflecken sind rund 1.500 Grad kühler sind als die übrige Sonnenoberfläche und erscheinen deshalb dunkel. Aus diesen entstehen immer wieder Sonneneruptionen, dass heißt, es wird mit großer Geschwindigkeit Plasma ins All geschleudert. Ist solch ein koronaler Massenauswurf erdgerichtet, dann stoßen diese elektrisch geladenen Teilchen nach etwa 24 bis 48 Stunden auf das Erdmagnetfeld, wo sie zu den Polen hin abgeleitet werden. Beim Eintritt in unsere Atmosphäre emittieren sie durch Sauerstoffatome grünes oder rotes Licht und durch Stickstoffatome blaugrüne oder violette Farben. Je stärker die Sonneneruption, desto großflächiger und „südlicher“ können sie in die Erdatmosphäre eindringen. Zudem deformiert jede Eruption das Erdmagnetfeld, so dass die Magnetfeldlinien nicht senkrecht wie im Bereich der Pole verlaufen, sondern in einem relativ flachen Winkel zur Erdoberfläche nach Süden hin abgelenkt werden. Deshalb überwiegt in den mittleren Breiten auch das rote Polarlicht, das in größerer Höhe entsteht. Nur bei extremen geomagnetischen Stürmen sind auch die anderen Farben in unseren Breiten zu sehen. Einen solchen gab es in der letzten Nacht.
Bereits zum Ende der Dämmerung waren auf den Webcams erste rötliche Strahlen zu sehen, die sich mit zunehmender Dunkelheit intensivierten und von Norden nach Westen wanderten. Dort stand der Mond, dessen zunehmende Sichel vom Polarlicht regelrecht umtanzt wurde. Die Dynamik war visuell erstaunlich gut zu sehen. Im Gegensatz zu den Farben, denn unser Auge schaltet mit zunehmender Dunkelheit vom Zäpfchen- auf Stäbchensehen um. Dieser Fotorezeptor in der Netzhaut ist lichtempfindlicher, sorgt aber auch für eine eingeschränkte Farbwahrnehmung. Das Sprichwort „Nachts sind alle Katzen grau“ gilt insofern auch für Polarlichter, die erst auf Fotos ihre volle Pracht entfalten. Denn Kameras können nicht nur länger belichten als unser Auge, sondern bilden alle Farben ab.
Da das Polarlicht der letzten Nacht bis weit in den Süden reichte, haben es auch die Webcams rund um den Wendelstein aufgezeichnet.
Fotos: foto-webcam.eu