
Gipfelkapelle und Gipfelkreuz. Foto: Claudia Hinz
Die Wendelin-Kapelle auf dem Wendelsteingipfel feiert in diesem Jahr den 300. Geburtstag und ist damit das älteste Gebäude am Wendelstein.
Vorgeschichte
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts, als die Bewohner dieser Gegend noch als leibeigene oder freie Bauern das Land bewirtschafteten, waren sie hauptsächlich auf die Arbeitskraft von Pferden angewiesen. Deshalb weideten sie ihre Rösser im Sommer auf den Almen, damit sie trittsicher in den Bergen wurden. Dabei geschah es, dass dem Bayrischzeller Sixtbauern Georg Klarer auf den Dorfer Almen unterhalb des Wendelsteins zwei Jungrösser verloren gingen. Nach langem Suchen gelobte Klarer dort eine Kapelle zu errichten, wo er seine Rösser lebend wiederfindet. Kurze Zeit später wurden die Rösser auf dem Gipfel des Wendelstein weidend von den Almen aus gesehen. Sie wurden eingeholt und unverletzt zu den Almen zurückgeführt.
Bau der Kapelle
Im Jahre 1718 löste der Bauer Georg Klarer sein Gelübde ein und ließ auf dem Gipfel des Wendelsteins eine kleine runde Kapelle aus Holz erbauen. Die Kapelle hatte zwei Bretterwände, deren Zwischenräume mit Rosensteinen aufgefüllt, mit eisernen Reifen zusammengehalten und mit einem Blitzableiter versehen wurde.
Erreichbarkeit der Kapelle
In früheren Jahren war der Aufstieg über den Steig zur Kapelle sehr steil, beschwerlich und für nicht schwindelfreie Personen gefährlich. Erst 1878 wurde der Steig von der Alpenvereinssektion Miesbach erweitert und ein Drahtseil angebracht.

Erinnerungstafel an den Kapellensteig. Foto: Wolfgang Hinz
Erste und letzte Messe in der Kapelle
Nachdem im Jahre 1878 der Gipfelweg gesichert wurde, machte am 22. Juli des gleichen Jahres der Pfarrer Schauer von Elbach mit 300 Leitzachtalern bei herrlichem Wetter einen Bittgang auf den Wendelsteingipfel, wo er eine Messe las. Das wird wohl der erste und letzte Gottesdienst sein, der je auf dem Gipfel abgehalten wurde.
Erhalt der Kapelle
Die Kapelle wechselte mehrfach den Besitzer, die alle zum Erhalt beitrugen. Georg Klarer vermachte sie vor seinem Tode im Jahre 1740 dem Johan Klarer von Dikel, der sie bis 1802 behielt. Sein Bruder Johann Klarer, Organist in Bayrischzell, renovierte sie 1825 und übergab sie 1870 dem Osterhofener Wirtssohn Isidor Widmeßer, der sie 1871 und 1902 erneut innen und außen renovieren ließ. Nach weiteren Besitzerwechseln und Renovierungen wurde sie vermutlich in der Zeit vor oder nach dem ersten Weltkrieg mit Blech ummantelt. Um 1920 wurde vom Zahnradbahnerbauer Otto von Steinbeis ein Blitzableiter und rund um die Kapelle eine Sitzbank angebracht.
Zuletzt gehörte die Kapelle der Familie des Kapitäns Beil, der die Kapelle verpachtete. Später betreute sie seine Witwe, welche nach dem zweiten Weltkrieg die Mitarbeiter des Observatoriums baten, auf die Kapelle zu achten. Ab 1968 übernahm die Gebirgsschützenkompanie Bayrischzell die Pflege der Kapelle, führten mehrere Reparaturen durch und bauten einen neuen Altar ein. Ab 1989 übernahmen sie die Kapelle vom Vorbesitzer und führten zusammen mit dem Landesamt für Denkmalschutz eine Neurenovierung vor, bei welcher der Urzustand wieder hergestellt wurde.

Innenansicht. Foto: Wolfgang Hinz
Seit 300 Jahren steht die Kapelle auf dem Gipfel und trotzt Wind und Wetter. Nicht selten ist sie im Winter in ein dickes Nebelfrostkleid eingehüllt. Viele Leute haben sie in dieser Zeit besucht und in das Gipfelbuch eingeschrieben. Die Gipfelbücher konnten bis 1924 zurück gefunden werden und sind im Archiv der Wendelsteinbahn archiviert.

Starker Nebelfrost an der Kapelle. Foto: Helmut Schultheiß